Reisebericht Kolumbien: „Tranquilo – Nehmen Sie sich Zeit“
Kolumbien – das wohl vielfältigste Land Südamerikas, indem man zeitlich flexibel sein und eine gewisse Leichtigkeit mitbringen sollte. Alles geht geruhsam zu, die Einheimischen selbst drängen einen zur Gemütlichkeit und sind immer aufgeschlossen. "Tranquilo – langsam, nehmen Sie sich Zeit” lautet ihre Devise. Mit einigen Spanisch-Grundkenntnissen wird jeder Gast herzlich empfangen. Nur der Verkehr scheint hektisch und laut.
Hauptstadt Bogotá
Unsere Reise begann in Bogotá, der Hauptstadt des Landes. Die Einheimischen präsentierten stolz während einer dreistündigen Citytour ihre Stadt. Ebenso während einer interessanten Graffititour. Durch genauere Betrachtung der Graffitis erfährt man viel über die Proteste, die im Land stattfinden und oftmals in kunstvoll angefertigten Graffitis zum Ausdruck gebracht werden. Es gibt eine sehr große „Graffiti-Community“, welche sogar Künstler aus der ganzen Welt aufmerksam werden lässt. Oft haben die Künstler auch die Erlaubnis der Hausbesitzer, um das Straßenbild zu verschönern. Beide Touren starten zweimal täglich vom „Platz der Zeitung” und sind kostenfrei, wobei sich die Guides natürlich über ein Trinkgeld als Anerkennung freuen. Wenn Sie genügend Zeit haben, lohnt sich auch der Besuch auf dem Berg Monserrate. Man kann 1.000 Stufen den Berg hinauf laufen oder für umgerechnet circa acht Euro mit der Seilbahn hinauf und einer Gondel hinunter fahren. Von oben genießt man, bei gutem Wetter, eine atemberaubende Aussicht auf die Stadt, die ihre vollen Ausmaße zeigt. Aber Vorsicht: die Luft auf 3.600 Metern Höhe ist recht dünn.
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Besuch der Kaffeeregion Kolumbiens – Kaffeeplantage Recuca
Am frühen Abend flogen wir nach Armenia in die Kaffeeanbauregion und verbrachten hier zwei Nächte in einer Hacienda. Am Morgen nach unserer Ankunft kamen wir in den Genuss, in der Kleinstadt Barcelona, die Kaffeeplantage Recuca kennenzulernen. Hier nahmen wir an einer interessanten und unterhaltsamen Führung teil und erfuhren unter anderem, dass der beste in Kolumbien angebaute Kaffee grundsätzlich in den Export geht und die Kolumbianer selbst nur zweite oder dritte Wahl verköstigen. Sehr schade, da der Kaffee wirklich hervorragend ist. Wir durften selbst Kaffee ernten und bekamen die weitere Herstellung erklärt. Den restlichen Tag ließen wir gemütlich in unserer Hacienda ausklingen.
Salento & Cocora Tal
Am nächsten Tag führte uns eine circa einstündige Busfahrt zu unserem Ziel Salento, ein kleines Städtchen mit bunten Häusern im typisch spanischen Kolonialstil. Es gibt eine lange Hauptstraße, in der sich kleine Lädchen und Kunsthandwerkstätten aneinanderreihen und die von einem Aussichtspunkt zum zentralen kleinen Marktplatz mit typischer Kirche führt. Salento liegt beim Cocora Tal, das für den kolumbianischen "Nationalbaum", die Wachspalme, die bis zu 250 Jahre alt werden kann, bekannt ist. Hier kann man verschiedene Wanderungen mit Guide unternehmen. Man fährt vom Marktplatz mit offenen Jeeps ca. 20 Minuten ins Tal und kann dieses zu Fuß oder auf einem Pferd erkunden. Aufgrund der Lage handelt es sich um einen Nebelwald, welcher die Landschaft ein wenig mystisch erscheinen lässt, wenn der Nebel aufkommt. Auch eine Regenjacke ist für den Ausflug ganz praktisch, da man jederzeit von einem Schauer überrascht werden kann. Im Anschluss an unsere Wanderung haben wir die Spezialität des Ortes, „Gebratener Fisch“, verköstigt.
Medellín & "Comuna 13"
Unsere Reise führt uns weiter nach Medellín. Wir sahen eine atemberaubend schöne, grüne Landschaft. Obwohl wir nur knapp 250 Kilometer zurücklegen mussten, waren wir etwa acht Stunden unterwegs, da diese Strecke sich durch ein Gebirge zieht. Am Nachmittag kamen wir dann in Medellín, der zweitgrößten Stadt des Landes, an. Es ist auch die einzige Stadt, die über ein Metrosystem verfügt, das die verschiedenen Stadtteile miteinander verbindet. Auch Medellín, eine wichtige Industriestadt, ist von Bergen umgeben. Am nächsten Morgen nutzten auch wir die Metro und Seilbahn, um mit dem bekanntesten Graffitikünstler Kolumbiens – Chota – die „Comuna 13“ zu besuchen. „Comuna 13“ ist eines der am dichtesten bevölkerten Armutsviertel der Stadt, das in den 80er- und Anfang der 90er-Jahre unter der Brutalität der Kartelle und deren Machtkämpfe zu leiden hatte. Chota führte uns durch das Viertel und erzählte uns von den Veränderungen in der heutigen Zeit. Noch immer sind viele Bewohner arm, aber die Menschen denken positiv und sind zuversichtlich, nachdem die Kartelle nicht mehr da sind. Es wurden innerhalb der „Comuna 13“, die am Hang liegt, verschiedene Erleichterungen für die Bewohner errichtet. Neue Seilbahnverbindungen und Rolltreppen haben Medellín zu einem Sprung nach vorne verholfen. Im gesamten Viertel sind bunte Graffiti verteilt, um auch Farbe in das Leben der Anwohner zu bringen. Eine sehr beeindruckende Tour, die zum Nachdenken und besseren Verständnis für Land und Leute anregt.
Karibikflair in Cartagena
Am nächsten Morgen flogen wir recht früh weiter zur karibischen Küste Kolumbiens nach Cartagena. Hier herrschen ganz andere Temperaturen und schon beim Anflug erblickt man eine Mischung aus Moderne und dem “alten” Charme der Altstadt im Kolonialstil. Bevor wir die Stadt eingehender erkundeten, unternahmen wir allerdings erst einmal einen Ausflug zum Strand.
Mit dem Speedboot fuhren wir ca. eine Stunde auf die vorgelagerte Insel “Isla de Rosario” mit Privatstrand. Unterwegs sahen wir sogar ein paar Delfine. Die Stadtstrände in Cartagena sind zwar lang, aber nicht wirklich schön, zudem wird man im Minutentakt von Verkäufern angesprochen. Der Ausflug zur „Isla de Rosario“ ist eine willkommene Abwechslung und kostet umgerechnet ca. 50 Euro. Es sind bereits ein alkoholfreier Begrüßungsdrink, eine Liege oder ein Sonnenbett sowie ein leckeres, von Einheimischen zubereitetes Mittagessen inklusive. Für circa zehn Euro habe ich mit zwei Kollegen einen einstündigen Schnorchelausflug zu einem vorgelagerten Riff unternommen, um ein wenig bunte Unterwasserwelt zu sehen. Der Ausflug war nicht spektakulär, aber ein paar Exoten habe ich dennoch gesehen.
Am späten Mittag hieß es, Abschied vom Strand zu nehmen, um die Stadt zu erkunden. Der bekannteste Spot am Abend in Cartagena ist das “Café del Mar“, mitten auf der Festungsmauer. Bei chilliger Musik und einem Cocktail genießen die Touristen und Einheimischen den Sonnenuntergang mit Blick auf das karibische Meer und die moderne Skyline. Ein weiteres besonderes Erlebnis zum Abendessen in Cartagena ist das Restaurant “Interno” im Frauengefängnis, mitten in der Altstadt gelegen. Die Insassen kochen und bedienen die Gäste. Der Erlös wird für Matratzen und Ventilatoren genutzt, um sich ein paar Annehmlichkeiten während der Haftzeit zu verschaffen. Das Essen ist recht gut und nicht zu teuer. Im Menü ist ein sehr empfehlenswerter, selbstgemachter Fruchtsaft enthalten.
Am nächsten Morgen lernten wir die Stadt während einer Stadtrundfahrt näher kennen und erfuhren mehr über ihre Geschichte. Die koloniale Altstadt bietet unzählige historische Bauten. Wir besuchten auch die beeindruckende Festung San Filipe, die einen großartigen Blick auf die Stadt und das karibische Meer bietet. Am Nachmittag nutzten wir die Zeit, noch einmal durch die kleinen Gassen zu schlendern und das Treiben auf der Straße zu beobachten. Oft sieht man Pferdekutschen durch die Straßen fahren. Cartagena war die touristischste Stadt auf unserer Tour, überzeugt jedoch durch seine gelungene Mischung aus Kolonialstil und Moderne. Auch das angenehme Klima und die Lage am karibischen Meer verleiten dazu, sich auf der Festungsmauer niederzulassen und die Seele baumeln zu lassen. Nach nur anderthalb Tagen Aufenthalt in Cartagena reisten wir wieder per Flug zurück nach Bogotá. Einen letzten Tag verbrachten wir in der Hauptstadt des Landes mit ein wenig Shopping und einem Spaziergang durch die Altstadt und dann hieß es schon, Abschied von Kolumbien zu nehmen, einem sehr vielfältigen Land.
Fazit: Es gibt noch so viel mehr zu sehen als das, was wir erlebt haben und ich bin sicher, ich komme wieder. Kolumbien wird aufgrund seiner Vergangenheit oft falsch eingeschätzt und ist in vielerlei Hinsicht noch recht ursprünglich! Noch ein kleiner Tipp zu Essen und Getränke in Kolumbien: Oft waren die Restaurants, die von außen einen eher unscheinbaren Eindruck erweckt haben, die besten! Auch die Cocktails sind recht gut, wobei “einheimische”, selbstgemachte Fruchtcocktails ohne Alkohol sehr lecker und vor allem sehr erfrischend sind. Oft kann man gut und günstig Essen gehen. Am besten darauf achten, wohin die Einheimischen gehen! Gerne geben sie Tipps, wenn man ein wenig Spanisch spricht.